Aktuelle Fakten zum Lärmschutz am BER nach Festlegung der verbindlichen Flugrouten vom Januar 2012

[Stand 11.6.2012]

Nachdem eine Reihe von alten Fakten und Widersprüchen hinlänglich bekannt geworden ist, aber Niemanden von den Verantwortlichen ernsthaft bewegt

- Erschachern des ungeeignetsten Standortes gegen Drehkreuz durch Bund und Senat (Wissmann, Diepgen s. z.B. hier),

- Vorenthalten der 15-Grad-Abkurvung seit 1998 (s. z.B. hier und hier),

- Abschaffung der skandalösen Abtretungsklausel im Schallschutzantrag,

- und alles, was nach der Verschiebung des Eröffnungstermins noch herauskommt - oder auch nicht

erscheinen die neuen Flugrouten des BAF vom Januar 2012 als gute Entlastung.
Sie berühren deutlich geringer besiedelte Gebiete als die in erster Instanz von der DFS vorgeschlagenen Routen.

Warum ist das aktuelle Lärmschutz-Konzept des BER, das vom Aufsichtsrat, dem Berliner Senat, der Brandenburger Landesregierung (MIL) und der Bundesregierung gedeckt wird ein einziger Betrug?

Während alle Belange, die den Ausbau, die Wirtschaftlichkeit u.Ä. betreffen gar nicht hoch genug gerechnet werden können
(Verkehrsaufkommen, Drehkreuz) wird alles, was den Lärmschutz betrifft verdeckt und herunter gerechnet.

Das Beharren der Flughafen-Lobby auf dem sogen. unabhängigen Parallelbetrieb der Startbahnen (Ursache für die 15-Grad-Abknickung) hat die Lärm-Situation dramatisch verschlechtert:

1. Ein Vergleich der Schutzgebiete nach den BAF-Flugrouten mit denen nach PFB/PEB verdeutlicht sehr schnell:

- Alle Schutzgebiete sind jetzt mindestens doppelt so groß. Das betrifft die Übernahme-, Entschädigungs-, Tagschutz- und Nachtschutzgebiete. Die Zahl der von Fluglärm Betroffenen, zumindest im Osten mindestens dreimal so hoch. Allein deswegen sind alle Äußerungen, jetzt mit 10% mehr Geld großzügig entschädigen zu wollen lächerlich.

- Die neuen Routen überqueren zusätzliche, teils wesentlich dichter besiedelte Gebiete als die alten. Beispiel: Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen. Die alten PFB-Routen streiften Schulzendorf und Eichwalde am nördlichen Rand etwa ab Kilometer 5. Die neuen laufen schon ab Kilometer 4 mitten hindurch. Da es die Route für die schweren, langsamer steigenden und zumeist lauteren Maschinen ist, bringt sie Maximalpegel bis 90 dB(A) nach Schulzendorf und im 80 dB(A) Bereich nach Zeuthen und Eichwalde. Die Zahl dieser Maschinen wird in den nächsten Jahren deutlich steigen, besonders im Interkontinental- und im Frachtverkehr.

- Die neuen kurvenreichen Routen, die eigentlich zur Entlastung der obigen gedacht sind, sind nicht verbindlich (s. z.B. hier). Sie sind anspruchsvoller zu fliegen und länger. Es ist nicht schwer herauszufinden, für welche Route die Mehrzahl der Piloten sich entscheiden wird.

2. Alle genannten Einrichtungen veröffentlichen noch im Mai (4 Monate nach der verbindlichen Festlegung von zum größeren Teil geänderten Flugrouten) die völlig veralteten Schutzzonen des PFB und unter dem Schlagwort "Ortslage" die unveränderten Straßenlisten. Das ist eine vorsätzliche Fehlinformation der von den BAF-Routen neu Betroffenen.

3. Die Flugrouten können jährlich geändert werden. Die Begrenzung der Einreichungsfrist für Schallschutzanträge auf 2017 ist damit unvereinbar. Sie ist ab dem Jahr 2017 dem Abtretungsanspruch gleichzusetzen. Alle späteren Routenänderungen hätten schallschutztechnisch keinerlei Konsequenzen.

4. Der Ansatz, die aktuellen Lärmschutzmaßnahmen auf der Basis eines DES 2015 (die festgelegten Flugrouten mit dem Verkehrsaufkommen von 2015 verschnitten) zu stellen, ist mit dem PFB unvereinbar. Das Verkehrsaufkommen wird dadurch künstlich kleingehalten. Die wesentlich höheren Belastungen, die sich aus dem Wachstum der Folge-Jahre (und Jahrzehnte) ergeben werden dadurch ausgeblendet. Genaugenommen ist das im Zusammenhang mit der Antragsfrist bis 2017, den Erweiterungsbestrebungen (Drehkreuz, Frachtbetrieb und auch mögliche Erweiterung der täglichen Starts und Landungen nach 2023) sogar ein mehrfacher Betrug an den Anliegern. Allerdings werden auf diese Weise zielgerichtet die realen Auswirkungen und die auch in diesem Bereich ausufernden Kosten verborgen.

Die einzig möglichen seriösen Aussagen zum Lärmschutz in diesem Zusammenhang müssten lauten: Dem Lärmschutz ist bis 2023 das Verkehrsaufkommen des PFB zugrunde zu legen. Danach gilt bis zum Ende der Betriebsdauer das Verkehrsaufkommen des jeweils aktuellen Jahres. Denn solange der Flugbetrieb nicht beendet ist, können die Routen geändert werden, muss also der Lärmschutz ggf. angepasst werden.

Auf keinen Fall geben die gültigen Vorschriften irgend eine Handhabe, den Lärmschutz auf das Verkehrsaufkommen des Jahres 2015 zu begrenzen. Das würde implizieren, u.U. denselben Betroffenen nach wenigen Jahren das aufwendige Antrags- und Umbauverfahren ein zweites Mal zuzumuten. Im Sinne des BER ist das zwar kein Problem, aber auch er hätte das Verfahren für dieselben Objekte bis 2023 und darüber hinaus mehrmals durchzuführen, was eindeutig unwirtschaftlich ist. Aber hier erkennt man besonders deutlich, dass den Verantwortlichen gegen die Anlieger jedes Mittel recht ist.

5. Die Nebenwirkungen der neuen Flugrouten (s. Flugspuren) werden konsequent verschwiegen.

6. Die FBB schreckt nicht davor zurück, die Autorität des Bundesverwaltungsgerichts für ihren Betrug an den Lärm-Betroffenen zu missbrauchen (s. hier).

7. Nach dem Verschieben des Eröffnungstermins gäbe es die einmalige Möglichkeit, für alle Betroffenen den Lärmschutz vom Beginn der Flugplan-Periode an korrekt zu gewährleisten. Für alle folgenden Routen-Änderungen haben die Lärmschutz-Maßnahmen dann wieder die Mindest-Zeitverschiebung von 1 Jahr. Wenn die Versprechen "Lärmschutzoffensive", "auf die Menschen zugehen", ... ernst wären, hätte das am 18. Mai schon beginnen können. Gibt es Beispiele für die Umsetzung dieser Versprechen? Ich habe bisher trotz mehrfacher Suche nicht mal eine Termin-Ankündigung für eine Einwohner-Veranstaltung gefunden.

8. Was zu den Schutzzonen allgemein gesagt wurde, gilt natürlich im Speziellen auch für Tagschutz- und Entschädigungs-gebiete. Die Verantwortlichen wollen uns weismachen, dass diese durch die Änderung der Routen nicht betroffen wären. Möglicherweise käme man bei ehrlichem Umgang mit der Wahrheit zu der Erkenntnis, dass Waltersdorf, Kiekebusch und Karlshof wie ehedem Selchow abgesiedelt werden müssten. Im Tagschutz- und Entschädigungsgebiet liegen sie aber allemal - und das wird teuer!

 

Ganz offensichtlich wird die Wahrheit zum Thema Fluglärm immer wieder ganz zielgerichtet und vorsätzlich unterdrückt. Die Gesundheit vieler neu betroffener Anlieger ist der FBB keinen Pfifferling wert.

Schon deswegen gibt es zum Nachtflugverbot zwischen 22.00 und 6.00 Uhr keine Alternative. Es ist der einzige Zeitraum, auf den wir Anlieger noch einen geringen Einfluss haben.

 

baerlaerm@ctgm.de